Jedes Jahr schreibe ich vor Weihnachten einen Brief an alle rund 7’000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Erziehungsdepartement Basel-Stadt. Mit dem Brief möchte ich für die geleistete Arbeit danken, das Gemeinsame betonen und einfach frohe Weihnachten wünschen.
Dieses Jahr fiel es mir schwer, die für mich passenden Formulierungen zu finden. Immer wieder habe ich angefangen, immer wieder Entwürfe verworfen.
Es fiel mir wegen der Pandemie so schwer. Die Durchhalteparolen aus dem letzten Jahr wirken mittlerweile schal und für fröhlichen Optimismus fehlt die Grundlage. Dazu kommt der «Impf-Graben». Er geht auch quer durch das Erziehungsdepartement.
Ich bin schon lange in der Politik und weiss, dass Meinungen sehr weit auseinanderliegen können. Dennoch überrascht es mich, wie grundsätzlich unterschiedlich das Verständnis von Freiheit und Verantwortung sein kann. In der Krise werden unterschiedliche Wertvorstellungen schmerzlich sichtbar. Das führt dazu, dass der Ton gereizter wird, man sich meidet und Vertrauen schwindet. Für mich macht das diese Monate zur schwierigsten Zeit in meinem bisherigen Berufsleben.
Nach langem Überlegen bin ich zum Schluss gekommen, genau diese Gedanken im Brief zu thematisieren. Auch wenn sie nicht gerade weihnachtlich sind. Es musste raus, auch damit ich den Rest des Briefes für mich glaubwürdig schreiben konnte: Der Dank für die Arbeit, und zwar unabhängig vom Impfstatus, der Rückblick auf das, was gut war im letzten Jahr (stets offene Schulen, zum Beispiel), der Aufruf, uns nicht auseinander dividieren zu lassen.
In diesem langen Schreibprozess wurde mir klarer, was Weihnachten auch bedeutet: Weihnachten ist die Einladung zusammenzufinden. Als Familien, als Freunde, als Arbeitskolleginnen und Arbeitskollegen, einfach als Menschen.
Wir brauchen dringend Weihnachten.
Mein Weihnachtsbrief 2021 findet sich hier.
Nachtrag: Ich bekomme immer recht viele Reaktionen auf meinen Weihnachtsbrief. Wobei «viele» relativ ist: Wenn rund 2 % der Angeschriebenen reagieren, sind es schon über hundert. Manche freuen sich, manche schreiben mir, dass sich ihre Adresse geändert hat, und manche sind grundsätzlich kritisch: «Danke für die wohlformulierten Worte, aber Worte allein genügen nicht.» Ja, Worte allein genügen nicht. Aber Worte bleiben wichtig. Wenn sie ernst gemeint sind, können sie echte Wertschätzung ausdrücken, verbindlich und verbindend sein. Das gilt vor Weihnachten und es gilt das ganze Jahr.
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