Wer in die Politik geht, redet gern. Und hört sich gern reden. Andern zuzuhören ist nicht unbedingt die Stärke vieler Politiker. Aber zuhören ist entscheidend: Politische Arbeit kannst du nur gut machen, wenn du verstehst, was die Leute bewegt. Verstehen beginnt beim Zuhören, beim Begreifen, was ausgedrückt wird, durch Worte und ohne Worte. Gut Zuhören ist gar nicht so einfach. Aber ein einfacher, wesentlicher Grundsatz hilft: Einfach mal Klappe halten. Nicht gleich eine Antwort haben, nicht die «punchline» suchen, auf Originalität und Schlagfertigkeit verzichten, den anderen wichtiger nehmen als dich selbst, nicht Sätze der anderen Person beenden, ihr nicht signalisieren, dass du das alles schon weisst und überhaupt bestens informiert bist und auch schon eine Lösung parat hast. Schon diese Zurückhaltung geht vielen Politikern gegen den Strich.
Als guter Zuhörer bist du voll auf dein Gegenüber eingestellt. Du achtest nicht darauf, dass die Herumstehenden sehen, was für ein guter Zuhörer du bist. Du hörst einfach zu. Und bereitest nicht bereits deine Antwort vor.
Irgendwann, meist später als du denkst, bist du dran und sollst etwas sagen. Wenn du eine für dich besonders passende und geistreiche Antwort parat hast, halte inne. Überlege dir, ob diese Antwort deinem Gegenüber etwas gibt und ob sie der Sache nützt. In vielen Fällen verzichtest du besser auf deine Superantwort. Deine Befürchtung mag sein, dass du schwach dastehst, als Politiker ohne kompetente Antworten, wenn du auf eine heftige Kritik einfach mit «Danke» reagierst. Das ist nicht der Fall. Du zeigst Stärke. Du bist «endlich mal einer, der zuhört». Unterdrücke das Bedürfnis, ständig etwas zu beweisen. Damit kannst du im besten Fall ein «Ja, reden, das kann er» erreichen. Im schlechteren Fall überfährst du die Leute. Du gibst ihnen das Gefühl, dass es dir nicht um sie geht, sondern um dich. Das ist nicht, was du willst.
Und vor allem, sei entspannt. Eine grundsätzliche Fehleinschätzung ist, dass die Leute von dir als Politiker brillante Antworten erwarten. In erster Linie wollen sie bei dir abladen, was sie bewegt. Du bist nicht in der Verpflichtung, ihnen eine pfannenfertige Lösung zu präsentieren. Die beste Antwort auf Anregungen, Kritik, Sorgen oder auch Wut ist meist: «Danke. Ich bin froh, dass Sie mir das sagen. Ich werde dem nachgehen.» Praktisch nie sinnvoll ist eine ironische Antwort, sicher nie Sarkasmus oder eine Belehrung des Gegenübers, und ebenfalls untauglich ist eine Rechtfertigung.
Übrigens: Kompetente Antworten sind natürlich schon wichtig. Und «Kompetente Antworten» war mein Wahlkampfspruch für die Nationalratswahlen 2003. Es reichte für den dritten Platz auf einer Liste mit fünf Kandidierenden.