Das ist eine unangenehme Erkenntnis: Die besten Voraussetzungen für die Politik hat, wer reich ist. Reich an Geld, nicht an Idealen. Menschen mit viel Geld sind unabhängig. Sie können mit Getöse in die Politik ein- und wieder aussteigen. Sie müssen keine Wahlkampfspenden annehmen. Es ist ihnen egal, ob ein Mandat ein Sitzungsgeld abwirft. Gerade weil es in der Politik nicht ums Geldverdienen geht, haben Reiche immense Vorteile. Nur sie können exklusiv für die Politik, statt auch von der Politik leben. Max Weber nennt in seinem berühmten Vortrag «Politik als Beruf» «sehr triviale Voraussetzungen»: «er muss vermögend oder in einer privaten Lebensstellung sein, welche ihm auskömmliche Einkünfte abwirft. »
Das gilt für die USA, wo nahezu alle Präsidenten vor ihrer Wahl äusserst vermögend waren, auch Barack Obama, dank seiner Buchverkäufe, und es gilt oft auch bei uns: Beispiele sind Friedrich Merz, der sich ohne Amt ein zeitintensives Politikerleben leisten kann, in der Schweiz Christoph Blocher, der zudem immer wieder betont, dass er seine politischen Ämter als Pflichterfüllung betrachte («Ich wollte nie in die Politik, ich wollte nie Bundesrat werden, aber ich habe es immer gemacht. Man macht eben Dinge, weil man es muss.»); seine Tochter Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher übernimmt diese Pflichtrhetorik.
Falls du wie ich zu den 98 Prozent gehörst, die nicht von Haus aus reich sind, kannst du darauf hinarbeiten, dich der finanziellen Unabhängigkeit mindestens auf temporärer Basis anzunähern. Schaff dir eine solide wirtschaftliche Basis ausserhalb der Politik mit einer soliden Ausbildung. Bevor du dich ganz der Politik verschreibst, versuche so viel Geld auf die Seite zu legen, dass du mindestens für ein ganzes Jahr ohne Einkommen aus der Politik deinen Lebensstandard einigermassen halten könntest. Du wirst deine eiserne Reserve hoffentlich nie brauchen, aber sie gibt dir Sicherheit. Du weisst, dass du weiterleben kannst, wenn du von einem Tag auf den anderen deine politischen Mandate verlierst. Du sicherst dir deine jederzeitige Rücktrittsfähigkeit. Diese Rücktrittsfähigkeit gibt dir ein Rückgrat. Wenn du stolperst oder Wahlen verloren gehen, kannst du dir Zeit lassen mit Aufrappeln und Kronerichten. Du kannst deinen Plan B ausarbeiten, der möglicherweise gar nichts mit Politik zu tun hat.