«Lern erst mal etwas Richtiges!» denken fast alle Eltern, und die mutigen Eltern sagen es auch, wenn ihr Kind Schauspielerin werden will. Ich bin voll auf der Seite dieser Eltern, sofern es um Politik geht. Ein seriöser Beruf ist Politiker nicht.

Wenn du überlegst, für die Politik eine Ausbildung abzubrechen oder massiv zu verzögern, bist du auf dem Holzweg. Gegenbeispiele gibt es natürlich: Sebastian Kurz brach sein Studium ab, wurde mit 24 Jahren Staatssekretär und mit 31 Jahren Bundeskanzler von Österreich. Die Chance, dass du wie Kurz politisierst, ist allerdings nicht viel grösser, als dass du wie Mozart komponierst. Lass dich nicht von Ausnahmebeispielen blenden. Ein politisches Amt, von dem man seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, erreichen viele Politiker nie und wenn, dann erst nach vielen Jahren politischer Arbeit.

Und wenn es dir früher gelingt, ist das nicht unbedingt ein Glück. Politiker ohne Berufserfahrung oder gar ohne abgeschlossene Ausbildung, sind – eben nur Politiker. Sie stehen im Verdacht, die Welt nicht zu kennen. Das ist ein Problem für junge Leute, die überraschend in nationale Parlamente gewählt werden, noch bevor sie ihre Ausbildung abgeschlossen haben. Es fehlt ihnen an Arbeitserfahrung, an verschiedenen Aussensichten auf die Welt und am Selbstbewusstsein, sich ausserhalb des politischen Lebens durchsetzen zu können. Und sie werden nicht bis zum Pensionsalter Parlamentarier bleiben können oder wollen.

Eine immer noch verbreitete Fehleinschätzung ist, dass Politiker grundsätzlich auf den Füssen landen und ihr wirtschaftliches Fortkommen gesichert ist. Tatsächlich wurden abgehalfterte Berufspolitiker früher oft irgendwo sozialverträglich untergebracht. Man bot ihnen die Geschäftsführung im Käsereiverband oder im Beirat eines grossen Unternehmens an. Oder sie durften durch das Amt erlangte Mandate bei den Wasserkraftwerken, der Pfandsparkasse oder anderen wettbewerbsfreien staatsnahen Institutionen noch ein paar Jahre behalten. Das ist heute nicht mehr so.

Wenn man sich anschaut, wie auch durchaus erfolgreiche Politiker nach dem Ende ihrer politischen Tätigkeit beruflich unterwegs sind, ist das angenehm ernüchternd: Sie haben völlig normale Jobs. Und die haben sie meist nicht wegen der Politik, sondern wegen ihrer Ausbildung und Berufserfahrung. Ich glaube, dass Politik künftig in vielen Biografien noch stärker ein Zwischenspiel sein wird, eine projektbasierte Arbeit für einige Jahre, gefolgt von etwas anderem. Natürlich werden dir deine politischen Erfahrungen für eine andere Herausforderung helfen, wie dir jede Erfahrung helfen kann. Ein politisches Amt allein ist aber kein Leistungsausweis und oft nicht einmal ein gutes Verkaufsargument für einen Job.

Eine unangenehme Erkenntnis bleibt: Die besten Voraussetzungen für die Politik hat, wer viel Geld hat. Dazu mehr nächste Woche.